Politik

Industrialisierung der Landwirtschaft und Privatisierung staatlicher Bereiche

Heimat wird an Konzerne verkauft


Bildmontage (Quelle: Roland Kreisel)
GDN - Als im Jahre 2000 das Pariser Wassernetz an einen privaten Konzern verkauft wurde, stiegen die Wasserpreise schlagartig auf das Dreifache. Zum ersten Mal seit der Neuzeit war das Pariser Trinkwasser ungenießbar, ein Rückkauf stürzte Paris in hohe Schulden. In Portugal geschah 2010 genau dasselbe.
Global agierende Konzerne kaufen sich weltweit in Bereiche ein, die bisher verstaatlicht waren. Solch staatseigene Betriebe waren in ganz Europa bislang sogar die Norm und schon seit der Kaiserzeit ein Garant für Qualität in der Wasser- und Energieversorgung, im öffentlichen Verkehr und der Gesundheitsversorgung. Vorteil für die Kunden: Das Firmenziel war Service, nicht Gewinn. Im Vergleich zur erzielten Lebensqualität waren die Gesamtkosten über die Umwegrentabilität sogar gering. Doch das ist nun Geschichte. Globales Ziel ist es, alles aufzukaufen, was nur irgendwie Geld bringt und womit man rasch spekulieren kann.
Global Player gehen untereinander Koalitionen und Kooperationen ein und teilen sich die Welt förmlich untereinander auf. Was wie ein schlechter Scherz wirkt, ist in vielen Ländern längst Realität. Auch Europa scheint in Kürze Opfer dieser Entwicklung zu werden. Wir nennen aus Sicherheitsgründen hier bewusst keine Namen, denn es gilt das Prinzip des Täterschutzes.
Was kaum bemerkt wird und schon bald in einer Hungerkatastrophe enden könnte: Schon jetzt besitzen einzelne wenige Konzerne in ganz Europa riesige landwirtschaftliche Flächen. Fast immer wird beim Verkauf der Ländereien solchen Konzernen der Vorzug gegeben. Alteingesessene Bauern haben das große Nachsehen. Kein Wunder, denn die Ländereien werden an den Höchstbietenden verkauft.
Das Problem dabei ist, dass Konzerne bzw. Aktiengesellschaften ihren Geldgeben verpflichtet sind, nicht aber der regionalen Bevölkerung oder gar dem Umweltschutz. Die Folge davon sind ständige Verletzungen von Tierschutzbestimmungen, Verstöße gegen den Umweltschutz, Schwarzbauten und überteuerte Pachtmieten. Dies ist das Ergebnis, wenn landwirtschaftliche Grünflächen in die Hände profitorientierter Konzerne geraten.
Mit Antibiotika verunreinigte Gülle gelangt auf die Felder dieser Konzerne und verseucht das umliegende Land sowie das Grundwasser. Durch die großflächige Umweltzerstörung solcher Konzerne bricht langfristig auch der Tourismus zusammen. Die Folge davon ist, dass es in den betroffenen Regionen schon jetzt immer weniger Arbeitsplätze gibt und immer mehr Menschen gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. So vernichtet man systematisch ganze Regionen.
Doch dies ist erst der Anfang. Noch drastischer wird es, wenn sich die bislang streng geheimen und vollkommen undemokratischen TTIP-, CETA- und TISA- Abkommen durchsetzen. Denn mit Inkrafttreten dieser Abkommen werden auch sämtliche, bisher noch staatliche Bereiche, privatisiert. TISA scheint besonders gefährlich zu sein. Bei diesem Abkommen beteiligen sich 50 Staaten, die alle der World Trade Organization (WTO) angehören. Doch Details darüber sind kaum zu bekommen, denn die Abkommen finden im Geheimen statt. Über die Inhalte gilt ein 5-jähriges Stillschweigeabkommen. Aus Angst vorm Volkszorn? Das ist nicht demokratisch, sondern Volksverrat.
Im Klartext bedeutet dies, dass bereits jetzt Verträge gemacht werden, von denen weder die Bürger/Innen noch ihre Regierungen etwas wissen. Private Verträge, die über dem Gesetz stehen. Denn nach Unterzeichnung der Verträge durch die EU-Vertreter treten diese automatisch in Kraft. Und egal welchen Inhalt sie haben, diese Verträge werden die neuen Gesetze sein. Ist das Ende unsere Demokratie gekommen? Demokratie sieht anders aus.
Einige Details wurden dennoch bekannt. So sollen unter anderem das Gesundheitssystem, das Bildungssystem, das Finanzsystem, die Energieversorgung, die Wasserversorgung, das Straßennetz und sämtliche andere Bereiche unserer Infrastruktur und des täglichen Lebensbedarfs privatisiert werden. Auch können Arbeitskräfte von Billiglohnländern in die EU gerufen werden. Sie sollen dann in Europa unter den gleichen Bedingungen und Löhnen arbeiten wie in ihrer Heimat in Afrika, Indien oder Ozeanien.
Dies bedeutet, dass in absehbarer Zeit die Bevölkerung in vielen Bereichen einzig auf diese Konzerne angewiesen sein wird. In der Praxis heißt dies, dass diese Lobbys schalten und walten können, wie sie wollen. Als Portugal im Jahre 2010 das Wasserversorgungsnetzwerk an Private verkaufte, war die unglaubliche Folge davon, dass der Wasserpreis innerhalb kurzer Zeit um sagenhafte 400 Prozent anstieg. Die Wasserqualität nahm stetig ab.
Seitdem muss man dort das Leitungswasser abkochen, bevor man es trinken kann. Das Perfide daran ist jedoch, dass die Menschen zum Abkochen des Wassers den (überteuerten) Strom von genau den Konzernen verwenden, die ihr Wasser ungenießbar gemacht haben. Denn die Wasser und Energieversorgung werden alle von ein und demselben Konzern bzw. Partnerkonzernen verwaltet.
Auch in den Städten sind Großkonzerne bereits sehr aktiv. Hier geht es vor allem um Immobilien. Grundstücke werden im wahllos und in großem Stil gekauft - für später. Dies treibt die Mietpreise künstlich in die Höhe und befördert die Durchschnittsbürger/Innen in das soziale Aus. Wenn dann auch noch das Straßennetz privatisiert wird, müssen sich die EU-Bürger/Innen auf höhere Mautgebühren einstellen, sowie auf schlechtere Straßen.
In den USA wurden bereits zahlreiche Bundesstassen zu Schotterwegen, weil kein Geld mehr für in die Instandhaltung der Stassen verfügbar ist. In Texas fährt man auf Schotterwegen, Detroit entfernt die Straßenbeleuchtung. Chicago schließt öffentliche Schulen. Zahlreiche Kleinstädte mussten bereits Polizeistationen und Feuerwehren schließen.

Schon jetzt ist das Bildungssystem in privaten Händen. Die jährlichen internationalen Pisa-Tests zum Bildungsniveau zeigen eine erschreckende Tendenz zur allgemeinen Verdummung. Auch im täglichen Gespräch beklagen viele Bürger/Innen immer öfter, dass der Bevölkerungsdurchschnitt offensichtlich immer naiver wird. Kein Wunder.

Doch wie wird es erst sein, wenn das gesamte Bildungssystem in den Händen privater Konzerne liegt? Was wird mit dem Gesundheitssystem, wenn dies erst einmal privatisiert wurde? Ergeht es uns so wie vielen leidgeprüften Mitbürgern in den USA?

Die Folgen dieser Entwicklungen für unser Europa und unser Leben sind zurzeit nicht zu berechnen oder absehbar. Doch Fakt ist, diese Entwicklung richtet sich nun gegen die BürgerInnen Europas. Der Profit der Konzernaktionäre steht seit TIPP/CETA/TISA über dem Gesetz. Anders kann man sich auch nicht erklären, dass laut der neuen Geheimverhandlungen die einmal privatisierten Bereiche nie wieder rückverstaatlicht werden können.
Doch es regt sich in der Bevölkerung ein immer stärker werdender Gegenwind und Widerstand. In ganz Europa organisieren sich engagierte Menschen, um gemeinsam gegen diese demokratiefeindliche Entwicklung zu demonstrieren. Stellvertretend für die zahlreichen Einzelpersonen und Organisationen sei an dieser Stelle das “Umweltinstitut München“ vorgestellt.
Das Münchner Umweltinstitut ist ein unabhängiger Verein, der 1986 gegründet wurde und am 16. Juni 2014 die “Europäische Bürgerinitiative gegen die transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP und CETA“ offiziell bei der EU registriert hat. Zusammen mit über 150 Partnerorganisationen aus ganz Europa werden sie ab September 2014 Unterschriften sammeln und ein mächtiges Zeichen gegen die Abkommen TTIP, CETA und TISA setzen.

weitere Informationen: https://umweltinstitut.org/themen/verbraucherschutz-ttip/freihandelsabkommen/europaeische-buergerinitiative.html

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