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Die Brennerei Ehringhausen

“Korn kann mehr“


(Quelle: Mario Graß)
(Quelle: Mario Graß)
GDN - In der im südlichen Münsterland gelegenen Brennerei Ehringhausen werden hochwertige, facettenreiche Spirituosen produziert, die dem etwas angestaubten Image des Kornbrandes entgegenwirken. In dem Familienbetrieb entstehen die alkoholischen Getränke noch in echter Handarbeit und in Bio-Qualität.
Heinrich Ehringhausen
Quelle: Brennerei Ehringhausen
“Da kommt der kleine Lord“, hörte man die Leute sagen, wenn Heinrich Ehringhausen (1835-1900), ein extravaganter und experimentierfreudiger Mensch mit außerordentlich gutem Geschmack, in seinem feinsten Zwirn durch die heimischen Gassen spazierte. Als erster Bauer seines Heimatdorfes baute dieser außergewöhnliche Herr auf seinem Hof in Ehringhausen Dinkel an und pflanzte, da er diese langlebigen Bäume so sehr mochte, gleich einen ganzen Eichenwald an.
Theres und Georg Glitz-Ehringhausen
Quelle: Mario Graß
Heute, rund 130 Jahre später, schwenken seine Ururenkel, Theres und Georg Glitz-Ehringhausen, bedächtig ein Trinkglas, betrachten aufmerksam die enthaltene gold-gelbe Flüssigkeit und führen es prüfend unter ihre Nasen. Im Glas leuchtet ein im Eichenfass gereifter Dinkelbrand, das neueste Produkt aus der Brennerei Ehringhausen, mit dem sich der Kreis zum Ururgroßvater schließt und den die beiden Geschwister daher auch traditionsbewusst “Der kleine Lord“ getauft haben.
Der Hof Ehringhausen
Quelle: Brennerei Ehringhausen
Innovations- und Pioniergeist scheint der Familie im Blut zu liegen. In den 1960er Jahren errichteten die Großeltern eine Kornbrennerei und rund 30 Jahre später hatten die Eltern die für die damalige Zeit ungewöhnliche Idee, bei der Spirituosenproduktion auf Dinkel als Hauptbestandteil zu setzen und fortan in reiner Bioqualität zu produzieren. “Papa war ein Bio-Pionier“, bekräftigt Georg Glitz-Ehringhausen, der gemeinsam mit seiner Schwester sei 2012 die Brennerei führt und somit die Familientradition fortsetzt.
Auch Theres und Georg scheinen diesen familientypischen Pioniergeist in sich zu tragen, denn sie haben es sich zum Ziel gesetzt nicht nur eine Tradition fortzusetzen, sondern mit Leidenschaft und Kreativität für eine zeitgemäße Umsetzung zu sorgen und auch jüngere, genussinteressierte Konsumenten für den Korn, dem ein etwas verstaubtes Image anhaftet, zu begeistern.
Dieses wird bereits durch das überaus gelungene Design der Flaschen und Etiketten, für das in erster Linie Theres verantwortlich ist, deutlich. “Ich wollte ein zeitloses, reduziertes und nicht zu verspieltes Design schaffen.“ Dieser Anspruch konnte zweifellos erfüllt werden, denn die an alte Apothekergefäße erinnernden Flaschen mit ihren klaren, fokussierten Etiketten, haben wenig gemeinsam mit den oftmals verkitschten Kornflaschen in den Supermarktregalen.
Aber auch was den Kornbrand selbst betrifft, möchten die beiden nicht stehenbleiben, sondern immer wieder neue Ideen erproben. “Im Grunde spielen wir mit dem Korn. Wir experimentieren, landen manchmal in Sackgassen, aber nur wenn wir beide von einem Produkt völlig überzeigt sind, wird es produziert und verlässt den Hof“, so Georg, der hauptverantwortlich für die Produktion der Spirituosen zeichnet.
Quelle: Mario Graß
Das Herzstück der Brennerei konnten die beiden Jungunternehmer glücklicherweise von ihren Eltern übernehmen. Zunächst trifft man hier auf die großen Maischebottiche, in die das gemahlene Getreide gelangt, mit Wasser aus dem hofeigenen Brunnen versetzt und anschließend erwärmt wird, um die im Getreide enthaltene Stärke in Zucker umzuwandeln. Auch Theres und Georg verwenden, wie bereits ihre Eltern, vorzugsweise Dinkel, der zwar erheblich teurer ist, dafür aber einen weicheren, geschmeidigeren Geschmack abgibt als andere Getreidearten.
Quelle: Mario Graß
Nach dem Hinzusetzen der Hefen setzt sich in Gärgefäßen der Gärprozess in Gang. Innerhalb von drei Tagen verwandeln die Hefen den Zucker in Alkohol - ein Prozess den Georg mit voller Aufmerksamkeit verfolgt, denn hierbei entwickelt sich das Geschmackspotenzial des späteren Brandes. Es folgt der Destillationsprozess, bei dem die Maische erhitzt und der Alkohol ausgetrieben, abgekühlt und wieder eingefangen wird. Dieser Vorgang wiederholt sich mehrfach, um dem Alkohol unerwünschte Geschmacksstoffe zu entziehen. Auch während dieser Phase der Produktion ist Erfahrung, Wissen, große Sorgfalt, Ruhe und vor allem eine gute Nase vonnöten, um sicherzustellen, dass die Schadstoffe hinausgefiltert werden und das Produkt nicht zu sehr verwässert.
Quelle: Mario Graß
Quelle: Brennerei Ehringhausen
Quelle: Mario Graß
Quelle: Mario Graß
Anschließend wird der Brand in Holzfässer gefüllt, wo er mindestens 3 Jahre verbleibt und durch die Wechselwirkung mit dem Holz die gewünschten Aromen gewinnt. Erst nach diesem langen Prozess erfolgt das Finish, bei dem der Brand mit heimischem Wasser vermischt und auf Genusstärke heruntergestuft wird. Nun ist Kreativität und Experimentierfreude gefragt, denn es muss entschieden werden, ob das Endprodukt aus einem einzigen Fass abgefüllt wird (Single Cask) oder ob ein Blend aus verschiedenen Fässern entstehen soll. Auch an dieser Stelle ergibt einzig Sorgfalt, Ruhe und Erfahrung ein genussintensives, charaktervolles Endprodukt.
In der Brennerei Ehringhausen werden sieben verschiedene Fasssorten verwendet, wobei das Bourbonfass, das dem Korn einen weichen, vanilligen Charakter verleiht, als Hauptfass dient. Aber auch ehemalige Sherry-, Brandy- oder Rumfässer kommen zum Einsatz. Während der mehrjährigen Lagerung geschieht enorm viel mit dem Produkt - ein Prozess der von Georg täglich durch Geruchsproben überprüft wird, denn da es sich bei den Holzfässern um Naturprodukte handelt, die stets eine gewisse Unberechenbarkeit mit sich bringen, lässt sich im Moment des Abfüllens nie exakt voraussagen, wie das Endprodukt aussehen, riechen und schmecken wird.
Quelle: Mario Graß
Aber gerade die Fasslagerung macht einen Korn einzigartig und ist in aller erster Linie für die Geschmacksvielfalt der Endprodukte verantwortlich. Der enorme Einfluss des gewählten Fasses, alleine hinsichtlich der Farbe, ist auf nebenstehendem Foto eindrucksvoll zu erkennen. Beide Brände wurden zum gleichen Zeitpunkt abgefüllt und gleich lang in Holzfässern gelagert, wobei die Reifung in einem Sherryfass die deutlich dunklere Verfärbung bewirkt hat. Der hellere Brand wurde hingegen in einem Brandyfass gelagert.
Quelle: Mario Graß
Mit diesem aufwendigen und zeitintensiven Verfahren produziert die Brennerei Ehringhausen derzeit etwa 7000 Liter Spirituosen pro Jahr, wobei der vollständige Prozess sowie das Abfüllen in Flaschen und das Etikettieren auf dem Hof im Münsterland erfolgt. Nur gelegentlich setzen Theres und Georg hierbei Helfer ein, so zum Beispiel beim sogenannten “Zitronenfest“, wenn tausende Zitronen von Hand hauchdünn geschält werden müssen - ein immenser Arbeitseinsatz, bei dem die ganze Familie mithilft.
Auf die Auswahl der verwendeten Rohstoffe legen die beiden großen Wert. So ließen sie sich beispielsweise Zitronen aus aller Herren Länder zur Probe schicken, um nach wiederholter Blindverkostung festzustellen, dass die Zitronen aus Sizilien die aromatischsten sind und somit gelangen auch nur diese in den Zitronengeist.
Wann immer möglich beziehen sie ihre Rohstoffe aber von regionalen Biobauern, sodass sich die Qualität stets unmittelbar überprüfen lässt.
Erhältlich sind die Produkte der Brennerei in Feinkost- und Bioläden sowie natürlich im Onlineshop (www.brennerei-ehringhausen.de).
Gespannt darf man schon jetzt auf den Gin sein, an dem die Geschwister bereits seit dem Oktober 2014 arbeiten und der im kommenden Jahr auf den Markt kommen soll. Doch hier liegt noch immer reichlich Arbeit vor den beiden. Im Labor reiht sich derzeit eine ansehnliche Anzahl von mit Kräutern, Früchten und Gewürzen gefüllten Gläsern aneinander, die dem Produkt den Feinschliff und Charakter verleihen sollen. Angestrebt wird ein weicher Gin mit einer frischen Zitrusnote. Auch hier ist ungeheure Sorgfalt, Liebe zum Detail, Experimentierfreude sowie eine ausgesprochen gute Nase gefragt, denn bereits die minimale Zugabe eines intensiven Gewürzes verändert den Geschmack enorm.
Quelle: Mario Graß
Quelle: Mario Graß
Quelle: Mario Graß
Quelle: Mario Graß
“Korn kann mehr“, lautet das Motto der Brennerei. Theres und Georg Glitz-Ehringhausen haben es sich zum Ziel gesetzt, dem etwas angestaubten Image des traditionsreichen Kornbrandes entgegenzuwirken und frische, facettenreiche, hochwertige Produkte zu kreieren, die sich übrigens auch hervorragend für Cocktails und Mixgetränke eignen. Ein tolles, sommerliches Rezept und ein Gewinn für jede Gartenparty ist zum Beispiel der “Holunder Smash“. Rezept: 4cl Holunderlikör, 2cl Dinkelkorn, 3cl Zitrone, 1cl Zuckersirup. Alle Zutaten werden im Shaker mit Eis kräftig geschüttelt, anschließend in ein möglichst vorgekühltes Glas abgeseiht und mit einem Minzblatt dekoriert.
Theres und Georg Glitz-Ehringhausen
Quelle: Brennerei Ehringhausen
Heinrich Ehringhausen, der kleine Lord, würde sicherlich staunen, was sich aus seiner ursprünglichen Idee, Dinkeln anzubauen, entwickelt hat und er würde zweifellos mit Stolz auf die Aktivitäten seiner Ururenkel und deren neueste Kreation, den zu seinen Ehren gebrannten “kleinen Lord“, blicken.
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